Afrika - Auftragsarbeit
Burkina Faso
26. Februar – 7. März 2017
Scan Termin in Afrika
Nach Afrika fahren und dort Leute scannen für 3Dt Portrait Figuren, rief spontan in mir einen Widerspruch hervor. Vorerst, doch nach etwas Bedenkzeit reizte mich das Abenteuer und die Bedenken, in eines der ärmsten Länder der Welt zu fahren um dort meinen Luxusartikel 3D Portrait Figuren zu verkaufen, schwanden. Denn auch in Afrika gibt es wohlhabende Menschen, die sich, und vielleicht dort noch viel mehr als hier, sehr gerne selber feiern.
Also - alles geplant, geimpft und gebucht. Von der Entscheidung zur Abreise lagen gerade mal 2 Wochen. Das empfindliche Equipment muss in das Handgepäck, Scanner, Laptop und Fotoausrüstung. Schlappe 30K €, aber ich war mir sicher dort gut betreut zu werden und Angst hatte ich vor der anderen Kultur keine, das hat sich auch bewiesen.
Ich kam an und es war dunkel. Der Flughafen der Hauptstadt Ougadougou lag auch im Dunkeln, nicht mehr Licht als notwendig. Als ich aus dem Flieger stieg, schlug mir die Hitze entgegen und die besondere Energie der Menschen dort. Meine Kontaktperson, Mamadou, fischte mich schon vor den Passkontrollen aus der Schlange, man hat Freunde in Afrika, auch am Flughafen. Aber ich muss gestehen, das war mir in dem Moment ganz recht.
Quer durch die dunkle Stadt, wenig Straßenbeleuchtung, chaotisch und rudimentär wirkte es. In einer Querstraße hielten wir an, stiegen aus, Sicherheitskontrolle, so pro forma, sah aber wichtig aus, ich fand mich hinter Mauern in einem offenen traditionell gestalteten Restaurant wieder. Wunderschön eingerichtet, Sand am Boden, Musik und köstliches Essen. Gegrilltes Hühnchen mit grünen Bohnen und Rotwein. Ich schwebte, konnte gar nicht landen, mein Lachen war so leicht, auch die Sprache funktionierte, mein schlichtes Englisch floss.
Nach einer kurzen Fahrt durch die dunkle fremde brodelnde Stadt, ab ins westliche Hotel, irgendwie dann doch beruhigend. Ich wohnte im siebten Stock, gen Norden, mit Blick auf den Swimming Pool. Ein wenig westliche Ordnung in der ich mich hier befand, denn der Morgen zeigte sich mir, Afrika von oben, weit, beige, staubig, chaotisch.
An den ersten Tagen lagen die Scantermine dicht an dicht. Mamadou fuhr durch die Stadt, der Fahrer war nicht abkömmlich, 2 Handys in der Hand, Mails und Whats-App checken, telefonieren, im Internet suchen, und wie von selbst glitten wir durch den Verkehr, der dreidimensional ist. Von allen Seiten kommt andauernd alles (Fußgänger, Radfahrer, tausende Mopeds, Hühner, Lastwägen, Ziegen, Esel – einfach alles). Immer wieder parken, aussteigen, Blicke, Equipment, Sicherheitskontrollen, Bank, Ministerium, Zoll, Militär, Villa. Dort fanden die Scans statt. Wir fuhren zu den Kunden. Das fand ich super. Sehen wie die Leute wohnen, privat und auch im Business. Ministerien haben nicht immer fließend Wasser. Das Highlight war der Scantermin mit dem Sportminister zu Hause, ehemals ein bekannter Fußball-Star. Wir fanden Ihn auf einer weißen Ledergarnitur, Sessel wie Throne, völlig leger und äußerst charmant. Champagner für die Gäste, aber auch mit Champagner intus kann ich scannen. Danach noch ein Abendessen, Hühnchen, und zum Schluss ruhte Herr Minister auf dem Sofa.
Viel wurde geredet bei jedem Termin, alles in Französisch und leider kann ich kein Französisch. Eine Katastrophe in Burkina Faso. Aber so habe ich eben mehr gesehen. Das war mein meist benutztes Sinnesorgan dort. Wenn ich nicht gescannt habe, habe ich entweder gesehen oder fotografiert. Während des Termins oder auf dem Weg zwischen den Locations. Und viel habe ich gesehen, das ich so gerne fotografiert hätte.
Die zweite Hälfte der Zeit verbrachte ich in Bobo Djallasu. 6 Autostunden westlich von Ougadougou. Die Frage ob wir dorthin fliegen oder mit dem Auto fahren war sofort klar, mit dem Auto, ich wollte das Land sehen. Die Menschen stellen her, was man zum Leben braucht, und sie handeln. In der Stadt und auf dem Land. Stände stehen immer an der Straße entlang. Aber ich habe nie gesehen, dass jemand etwas kaufte. Plötzlich sah ich ein Leopardenfell an einem Stand, im Vorbeifahren, ich: that´s illegal! Mamadou: „if you want to wear human skin, you can find it. They do everything!“
Industrie habe ich keine gesehen. Ich kann nicht verstehen, wie die Menschen so leben können, aber ich sehe auch keinen Ausweg. Die Hitze lässt eine Lethargie entstehen, die Menschen sind roh zueinander, Hierarchien zählen und Freundschaft, pro forma.
In Bobo-Dioulasso bestimmte uns der Müßiggang. Wir machten einen Ausflug aufs Land zu einem Restaurant an einem Fluss. Hühnchen gegrillt, ich ernährte mich die Zeit über weitgehend von Omelette und Hühnchen. Der Besuch auf einem Markt war ein besonderes Erlebnis. Die Stände stehen dicht an dicht, überall Waren, alles für den Haushalt. In weiser Voraussicht, zog ich trotz Hitze, ein leichtes langärmeliges Sommer-Jackett an. Die Menschen konnten mich nicht einordnen, ob ich Männlein oder Weiblein bin. Wenn die Frage geklärt wurde, war das Gekicher immer groß. So entkam ich den vielen Angeboten, die mir sonst als Madam offeriert worden wären.
Am letzten Abend wurde bei Mamadou zu Hause eine Party gegeben, mir zu Ehren. Buffet, traditionelle Musik, viele Menschen. Zuerst wurden Familienfotos gemacht, dann die Freunde begrüßt, eine Rede gehalten, Gruppenfoto von allen gemacht, Buffet eröffnet, auch Hühnchen, gesprochen, getanzt und um Schlag neun Uhr war alles vorbei. Mamadou war der Regisseur.
Es war ein tolles Erlebnis. Als ich die Fotos durchsah um das Fenster zu gestalten, war ich mir sicher, ich will wieder hin. So eine faszinierend andere Welt, die, aus dem sicheren Abstand betrachtet, irgendwie glamourös wirkt, weil die Menschen so viel Energie haben, aber doch so entsetzlich arm sind.
Ich danke allen Menschen, die ich gesehen habe, für Ihr da sein in dem Moment.
April 2017
Karoline Glasow