Nach meiner Ausbildung zur Fotografin entschied ich mich zu einem kleinen Ausflug in die Mode. Ich lernte Modistin (Hutmacherin) bei Ina Böckler im Zierhof in München.
Eine Dame vom alten Schlag (damals schon über 80 Jahre) mit Gefühl für die leichtesten charmantesten Hüte aus den edelsten Materialien, meist aus Paris.
Es war immer sehr aufregend aus dem riesigen Fundus z.B. die Schachtel für rosa Spitzenstoffe oder blaue Federn holen zu dürfen, sie zu öffnen und passendes auszuwählen.
Filzstumpen gab es in allen Farben aus feinstem Hasenhaar, ebenso die Ripsbänder in allen Farben. Fehlte doch einmal ein Seidenband in einer bestimmten Farbe, ging Frau Böckler zu Rabel, hinter dem Rathaus, ein Paradis voller Kurzwahrenträume für jeden Kreativen im Bereich Mode. Die Zeit bei Ina Böckler war eine Reise in das vorletzte Jahrhundert. Damen kamen mit Ihren Gesellschaftsdamen und liesen sich Hüte kreieren zu dem maßgeschneiderten Kostüm, die Garnitur mit dem passenden Stoff. Ich erinnere mich noch, für eine Braut durfte ich ein Käppchen mit Rundkopf im Matrosenstil anfertigen, an dem ich sicher 1 Woche saß. Der dazu gehörige Schleier aus Seidentüll war 10 Meter lang. Nach dem Bügeln würde er mit feinstem Seidenpapier zu einer riesigen federleichten Wolke zusammengerollt. Ich bin dankbar für diese Zeit! Als Modistin lernt man aus Wenigem etwas mit großer Wirkung zu machen, wenn man nur Gedult und Fantasie hat. Mir wurde sogar die Übernahme des Hutateliers angeboten, doch dann besann ich mich und kehrte zurück in mein eigenes Atelier, das Fotostudio meiner Mutter - eine gute Entscheidung!